Der unterschätzte Zusammenhang zwischen Perfektionismus und dem Nervensystem
- Nina Payer
- 4. Apr.
- 3 Min. Lesezeit
… und warum dein innerer Antreiber eigentlich versucht, dich zu beschützen.
„Ich will es einfach richtig machen.“
Kennst du diesen Gedanken? Vielleicht sitzt du stundenlang an einer E-Mail, obwohl sie längst fertig ist. Oder du traust dich nicht, ein Projekt zu starten, weil du „noch nicht gut genug vorbereitet“ bist. Oder du hast das Gefühl, dich immer wieder zu rechtfertigen, um bloß keine Fehler zu machen.
Willkommen im Leben mit Perfektionismus! Ein Leben, das von außen oft diszipliniert, gewissenhaft und leistungsstark aussieht – aber innerlich ganz schön anstrengend sein kann.
Was viele nicht wissen: Perfektionismus ist nicht einfach eine Charaktereigenschaft - es ist oft die Sprache deines Nervensystems – und ein tief verwurzelter Versuch, Sicherheit herzustellen.

Perfektionismus ist kein Charakterfehler – sondern eine Schutzstrategie.
Viele meiner Klientinnen sagen:
„Ich weiß, dass ich nicht perfekt sein muss. Aber ich kann einfach nicht anders.“
Das liegt daran, dass Perfektionismus nicht im Verstand entsteht, sondern viel tiefer sitzt – nämlich im Körper, im Nervensystem.
Als Kinder sind wir komplett abhängig von unseren Bezugspersonen – emotional und tatsächlich auch ganz existenziell. Wenn wir das Gefühl hatten, dass wir nur dann gesehen, geliebt oder akzeptiert wurden, wenn wir „richtig funktionieren“, brav sind, gute Leistungen bringen oder möglichst angepasst auftreten, passiert etwas Entscheidendes:
Unser System lernt: "So wie ich bin, bin ich nicht okay – aber wenn ich es perfekt mache, bin ich sicher."
Und genau hier entwickeln sich unsere perfektionistischen Anteile: Sie wollen nicht nerven, nicht stören, nicht auffallen. Sie versuchen, alles zu kontrollieren, um die Verbundenheit zu unseren Bezugspersonen nicht zu verlieren.
Als Kinder hatten wir nämlich gar keine keine Wahl. Wir konnten nicht sagen: "Ich möchte bitte so sein, wie ich bin, und trotzdem geliebt werden." Wir haben uns angepasst – um sicher zu sein.
Was hat das mit dem Nervensystem zu tun?
Dein Nervensystem speichert alle deine Erfahrungen – ganz besonders die, die mit Unsicherheit, Scham oder Zurückweisung verbunden sind. Wenn du also heute in eine Situation kommst, die dich an diese alten Erfahrungen erinnert (z. B. Kritik, Fehler, Ablehnung), dann reagiert dein Körper automatisch mit Alarm.
Auch wenn du als Erwachsene weißt, dass du nicht perfekt sein musst – dein System fühlt sich plötzlich wie damals: unsicher, bedroht, in Gefahr.
Und wie reagiert dein Nervensystem darauf? Genau, mit den gleichen Strategien, die sich damals schon bewährt haben: Kampf, Kontrolle, Anstrengung.
Perfektionismus ist also oft ein „Kampfmodus“ des Nervensystems. Eine subtile Stressreaktion, die dich antreibt, alles richtigzumachen – aus einem unbewussten Wunsch nach Sicherheit, Zugehörigkeit und Kontrolle. 🤍
Wie du aus dem Perfektionismus aussteigen kannst – mit deinem Nervensystem
Der Weg raus führt nicht über Selbstkritik (also nach dem Motto „Ich darf nicht so perfektionistisch sein!“) und auch mit Affirmationen á la "Ich bin richtig, genauso wie ich bin!" wirst du nicht weit kommen - das wird dir dein Nervensystem nämlich nicht so einfach glauben. Stattdessen braucht es Verständnis, Mitgefühl und Regulation.
Was dir tatsächlich helfen kann:
Bewusstsein entwickeln Erkenne deine Trigger: In welchen Situationen springt dein Perfektionismus an? Was passiert dabei in deinem Körper?
Dein Nervensystem beruhigen Atemübungen, Erdung, sanfte Bewegung – all das signalisiert deinem System: Du bist sicher. Du musst nicht kämpfen.
Sichere Erfahrungen im Jetzt verankern Wenn du heute in einem sicheren Rahmen bist, darf dein Körper das auch wirklich spüren. Zum Beispiel durch zwischenmenschliche Verbindung oder Regulationstechniken.
Mit den Anteilen in Kontakt treten Frage dich liebevoll: Was will dieser Teil (der gerade alles perfekt machen will) eigentlich schützen? Oft geht es nicht um die Sache, sondern um dein inneres Kind, das sich nach Sicherheit sehnt.
Verkörperung statt nur Verstehen Veränderung passiert nicht im Kopf, sondern im ganzen System. Deshalb ist körperorientiertes Coaching so wertvoll – weil es genau dort ansetzt, wo diese Muster entstanden sind.
Dein Perfektionismus ist nicht dein Feind – er ist ein Beschützer von damals.
Er ist ein Teil von dir, der dich vor Schmerz und Zurückweisung bewahren wollte – und der heute vielleicht überfordert ist, weil er noch glaubt, alles allein tragen zu müssen.
Je mehr du diesen Teil mit Mitgefühl siehst und dein Nervensystem in Sicherheit bringst, desto weniger musst du dich verbiegen.
Du darfst gut genug sein – jetzt, hier, in deinem Tempo. Nicht, weil du es dir „verdient“ hast. Sondern, weil du es bist.
Möchtest du lernen, wie du Perfektionismus wirklich auflösen kannst – nicht im Kopf, sondern im Körper?
In meiner 1:1 Inner Balance Begleitung arbeiten wir genau damit:
Alte Stressmuster regulieren
Verkörperte Sicherheit aufbauen
Perfektionismus sanft entlassen – Schritt für Schritt
Wenn du spürst, dass es Zeit ist, dein „Immer-alles-richtig-machen-Müssen“ loszulassen, dann schreib mir gerne für ein unverbindliches Kennenlerngespräch. 🤍

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