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AutorenbildNina Payer

"Hochsensibilität ist doch nur ein Trend!" - Vorurteile & Fehlinformationen zum Thema Hochsensibilität

Als Fachberaterin für Hochsensibilität sind mir in den letzten Jahren viele Vorurteile und Falschinformationen zum Thema Hochsensibilität untergekommen. Dabei ist dieses Konzept mittlerweile schon sehr gut erforscht und es gibt zahlreiche Studien dazu. In diesem Blogartikel möchte ich einige der häufigsten Vorurteile und Fehlinformationen über Hochsensibilität aufdecken.


1. Hochsensibilität ist nur ein Trend.


Falsch! Ein Grund, warum manche Menschen Hochsensibilität als Modeerscheinung abtun, könnte darin liegen, dass das Thema erst in den letzten Jahren vermehrt Aufmerksamkeit erhalten hat. Durch die verstärkte mediale Präsenz und die wachsende Forschung auf diesem Gebiet wird Hochsensibilität heute besser verstanden und akzeptiert. Das bedeutet jedoch nicht, dass es sich um einen vorübergehenden Trend handelt.


Es ist wichtig zu wissen, dass Hochsensibilität keine neu erfundene Eigenschaft ist, sondern seit Langem existiert, jedoch lange Zeit nicht ausreichend erforscht oder anerkannt wurde. Viele hochsensible Menschen haben oft ihr Leben lang mit den Herausforderungen dieser Sensibilität gekämpft, ohne zu verstehen, warum sie sich von anderen unterscheiden. Man war dann einfach nur "total empfindlich", ein "Sensibelchen" oder hatte es im schlimmsten Fall "mit den Nerven".


Tatsächlich gab es bereits Mitte des 19. Jahrhunderts ausführliche Abhandlungen zum Thema Sensitivität (ausführlich nachzulesen hier). Bedenkt man nun, dass wir noch niemals in der Geschichte der Menschheit so vielen Reizen ausgesetzt sind, wie heute, ist es kein Wunder, dass Hochsensibilität immer mehr in den Fokus gerät.


2. Hochsensibilität ist etwas Spirituelles.


Falsch! Einige Menschen neigen dazu, Hochsensibilität mit Spiritualität oder mystischen Fähigkeiten zu verknüpfen, was jedoch nicht der Realität entspricht.


Hochsensibilität ist in erster Linie eine neurologische und genetische Eigenschaft, die mit einer erhöhten Empfänglichkeit für sensorische Reize und subtile Nuancen in der Umgebung einhergeht. Es handelt sich um eine wissenschaftlich fundierte Persönlichkeitseigenschaft, die durch Forschung und psychologische Studien belegt ist. Diese Empfindsamkeit kann dazu führen, dass hochsensible Menschen tiefer über ihre Umgebung nachdenken, stark auf Emotionen reagieren und subtile Details wahrnehmen. Diese Merkmale haben aber nichts mit spirituellen Fähigkeiten zu tun.


3. Hochsensible können hellsehen oder mit dem Jenseits Kontakt aufnehmen.


Falsch! Auch hier wieder - Hochsensible Menschen haben zwar oft eine tiefe emotionale Wahrnehmung und ein starkes Empfinden für subtile Details, aber das bedeutet nicht, dass sie übernatürliche Fähigkeiten besitzen.


Dadurch, dass sie mehr Informationen und Reize aus ihrer Umgebung aufnehmen und verarbeiten, können sie auf einen großen Erfahrungsschatz und viel unbewussten Wissen zurückgreifen, was eine gute Intuition zur Folge hat. Aber auch dies ist ausschließlich auf neurologische Faktoren zurückzuführen.


4. Hochsensibilität wird durch Trauma ausgelöst.


Falsch! Hochsensibilität ist angeboren und kann nicht im Laufe des Lebens erworben werden.

Obwohl hochsensible Menschen möglicherweise aufgrund ihrer Empfindsamkeit traumatische Ereignisse intensiver erleben, ist Hochsensibilität nicht die Folge eines Traumas.


Treten hochsensible Symptome in Folge eines Traumas auf, handelt es sich nicht um Hochsensibilität, sondern um Hypervigilanz bzw. um Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung. Beides sind psychologische Störungen und können therapeutisch behandelt werden.


5. Hochsensibilität ist eine Krankheit oder Störung.


Falsch! Hochsensibilität ist ein angeborenes Persönlichkeitsmerkmal (wie deine Augenfarbe und dein Temperament) und bedarf deshalb auch keiner Therapie. Sie lässt dich sowohl "gute" als auch "schlechte" Empfindungen und Reize stärker wahrnehmen und spüren. Es handelt sich um eine besondere Art der Informationsverarbeitung, die unterschiedlich stark ausgeprägt sein kann und bei 15-20 % der Menschen vorkommt.


6. Hochsensibilität ist extrem belastend.


Falsch! Im Normalfall ist Hochsensibilität ein neutrales Persönlichkeitsmerkmal. Oft werden Symptome wie ständige Überreizung & Anspannung, Harmoniesucht, ein geringes Selbstwertgefühl oder mangelhafte Abgrenzung der eigenen Hochsensibilität zugeschrieben, während daran tatsächlich in den meisten Fällen ein dysreguliertes Nervensystem Schuld ist und nicht die Hochsensibilität an sich.


7. Hochsensibilität ist mit einem dysregulierten Nervensystem gleichzusetzen.


Falsch! Ein dysreguliertes Nervensystem entsteht durch zu langen oder zu starken Stress, Neurodiversität oder auch durch Traumata (kurz gesagt). Hier handelt es sich um eine Störung oder Beeinträchtigung der Regulation des Nervensystems, die zu einer Über- oder Unterempfindlichkeit gegenüber Reizen führen kann.


Hochsensible Menschen tendieren allerdings dazu, schneller als Nicht-HSP in eine chronische Dysregulation zu rutschen (und stecken zu bleiben), besonders wenn sie den Großteil ihres Lebens versucht haben, das Leben eines Nicht-HSP zu leben.


8. Wenn ich mit meinem Nervensystem arbeite, wird meine Hochsensibilität weniger.


Falsch! Hochsensibilität kann nicht abtrainiert werden, sondern wird immer ein Teil von dir bleiben. Es ist zwar möglich, dass hochsensible Menschen durch bestimmte Techniken oder Strategien lernen können, mit ihrer Sensibilität besser umzugehen und den Alltag mehr an ihre hochsensiblen Facetten anzupassen, aber an ihrer Persönlichkeit wird das nichts ändern.


Wenn du dich entschließt, aktiv mit deinem Nervensystem zu arbeiten und dich wieder mehr mit dir und deinem Körper verbindest, fühlst du tatsächlich sogar erst einmal noch stärker und fühlst dich vielleicht zu Anfang noch sensibler. Das ist allerdings ein gutes Zeichen, da du durch die Arbeit mit dem Nervensystem immer schneller und stärker wahrnimmst, was dir und deinem Wesen gerade entspricht - und was nicht. Diese Diskrepanz wird stärker wahrgenommen und führt dazu, dass du schneller in Handlung kommst, um Situationen für dich besser und gesünder zu gestalten. Dadurch reduziert sich auf lange Sicht der Stress in deinem Leben. Hier kann Hochsensibilität sogar noch als Gaspedal gesehen werden - denn wenn du so stark spürst, dass etwas nicht gut für dich ist, kannst du meist gar nicht anders, als etwas für dich zum Besseren zu verändern.

 

Mehr über das Thema Hochsensibilität erfährst du auch hier:




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